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Dorfgeschichte Kleinenglis

1225 Jahre Kleinenglis

775 Angelgise - 2000 Kleinenglis

1225 Jahre KleinenglisDer Bezug auf die erste urkundliche Erwähnung im "Breviarium Sancti Lulli" wurde bereits im Vorangegangenen umfassend beschrieben. Der historische Ursprung von Kleinenglis liegt jedoch weit vor dieser urkundlichen Ersterwähnung. Die noch vorhandenen Ringwallanlagen auf der Hundsburg weisen eindeutig auf eine vorchristliche Volks- und Fliehburg hin. Funde aus dem Jahr 1929, in der ehemaligen "Gröschnerschen Kiesgrube" an der alten B 3, haben nach der Auswertung einen Besiedlungsnachweis ab der Zeit um 1.500 v. Chr. erbracht. Die Flurbezeichung in diesem Bereich der Gemarkung trägt bezeichnenderweise heute noch den Namen "Wüste Kirche", was darauf schließen läßt, dass bereits in den Jahren 721 - 723 anstelle des dortigen vorchristlichen (heidnischen) Kultplatzes eine, durch Bonifatius und seine Gefolgsleute errichtete, christliche Kapelle oder Kirche gestanden hat.

Die Siedlungstätigkeit verlagerte sich jedoch in der Folgezeit immer weiter nach Süden in Richtung Schwalm, wo auf der Mittelterrasse der Großenengliser Platte optimale Bedingungen hinsichtlich der Wasserversorgung und dem Hochwasserschutz zu finden waren.

Mit großer Wahrscheinlichkeit kann man davon ausgehen, daß mit der urkundlichen Ersterwähnung im Jahr 775 der Bereich des heutigen Kleinenglis gemeint ist. Eine Unterscheidung zwischen Großenenglis und Kleinenglis gab es jedoch zu diesem Zeitpunkt mit der Bezeichnung "Angelgise" noch nicht. Im Jahr 1239 taucht erstmals der Name "Engelgis minori" (Kleinenglis) auf.

Die Kirche St. Michael

Im Jahr 1262 wird erstmals in einer Urkunde die Vorgängerin der heutigen evangelischen Kirche als "capella" (Kapelle) erwähnt. Die Kapelle ist dem heiligen Michael geweiht. Nach Anbau des Kirchenschiffs wird der gesamte Innenraum der Kirche mit gotischen Malereien ausgemalt. Aufgrund der katholischen Kirchengliederung jener Zeit, gehörte Kleinenglis zum Archipresbyterat (Dekanat) Mardorf, mit der Dekanatskirche in Berge. In Folge der Homberger Synode vom 21. Oktober 1526 schloss sich die Landgrafschaft Hessen/Kassel unter der Führung des Landgrafen Philipp der neuen Lehre Luthers an. Somit wurde auch Kleinenglis evangelisch. Die wohl einzigartigen gotischen Malereien in der nunmehr evangelischen Kirche in Kleinenglis wurden in dieser Umbruchphase übertüncht und erst im Jahr 1927 bei Renovierungsarbeiten im Chorraum sowie im Jahre 1963 im Kirchenschiff wiederentdeckt und restauriert. In den Jahren 1990 - 92 erfolgte eine umfassende Restaurierung.

Zeitgeschichtliche Daten

Im Rahmen der politischen Gliederung gehörte Kleinenglis von 1338 an zum Amt Homberg, welches aus dem Vernagau hervorgegangen war. Erst im Jahr 1367 wurde das Dorf dem neu entstandenen Amt Borken angegliedert.

Am 5. Juni 1400 wurde am westlichen Ortsrand von Kleinenglis der Braunschweig-Lüneburger Herzog Friedrich durch das Schwert des Friedrich von Hertingshausen ermordet. Dieser Tat von nationaler Bedeutung war der deutsche Fürstentag am 26. Mai 1400 vorangegangen, auf dem der amtierende Kaiser Wenzel abgesetzt wurde (siehe auch Das Kaiserkreuz).

Ein weiteres Ereignis von überregionaler Bedeutung geschah im Bereich der nördlichen Kleinengliser Gemarkung. Am 23. Juli 1427 fand die "Schlacht bei Englis" statt, bei der die mainzischen Truppen auf der Höhe zwischen Großenenglis und Kleinenglis vernichtend geschlagen wurden. Nach einer weiteren Auseinandersetzung auf dem Münsterfeld bei Fulda kam es dann im Dezember 1427 zum "Frankfurter Frieden", in dessen Folge, in den späteren Jahren mit der Vereinigung der bisher getrennten Teile Niederhessens und Oberhessens, erstmals eine territoriale Einheit Hessens geschaffen wurde. Den Ausgang des für die hessische Geschichte bedeutsamen Ereignisses bildete somit die "Schlacht von Englis". Die Flurbezeichung "Kriehe" oder auch "Kriesrain" (Kriegsrain) nördlich des Ortes erinnert noch heute an diese Schlacht.

Landwirtschaftliche Nutzung

Über Jahrhunderte hinweg bestimmte die landwirtschaftliche Nutzung der Gemarkung den Tagesablauf der Menschen in Kleinenglis. Im "Dreißigjährigen Krieg" (1618-1648) wird Kleinenglis durch den kaiserlichen General Böninghausen sehr stark in Mitleidenschaft gezogen und nahezu vollständig zerstört. Hunger und Krankheit tun ihr übriges. 1639 werden nur noch 18 verheiratete Männer und 9 Witwen gezählt. 1774 - elf Jahre nach dem siebenjährigen Krieg - sind es mit 232 Einwohnern immer noch 43 weniger als vor dem "Dreißigjährigen Krieg". Die Gemarkungsgröße beträgt zu dieser Zeit etwa 590 ha. Bereits 1774 gibt es im Dorf keine Leibeigenschaft mehr. Es besteht jedoch noch die "Zentpflicht" der Gemeinde. Die Bewohner sind dem Landgrafen gegenüber zu Hand- und Spanndiensten verpflichtet.

Im Jahr 1821 wird das ehemalige Amt Borken aufgeteilt, wobei der Schwalmverlauf in etwa die Grenze bildet. Kleinenglis wird dem neu gebildeten Kreis Fritzlar angegliedert.

1867 werden das Flurbild radikal verändernte Maßnahmen getroffen. Von acht einheimischen Grundbesitzern wird eine "Verkoppelung" auf den Weg gebracht. Von 2.959 Parzellen bleiben nach dieser Flurbereinigung 375 Flurstücke übrig. Die Gemarkungsgröße beträgt nun ca 625 ha. Das Dorf ist gewachsen. Es werden 73 Wohnhäuser, darunter 1 Pfarrhaus und 1 Schulhaus unter königlichem Patronat (1866 Anschluß Hessens an das Königreich Preußen) gezahlt. 375 Einwohner gibt es nun im Dorf.

Das Großkraftwerk Main-Weser

Einschneidende Veränderungen in der Bevölkerungsentwicklung, der sozialen Gliederung und im Siedlungsbild bringt der Beschluss des preußischen Staates im Jahr 1921, dem bereits in Betrieb befindlichen Wasserkraftwerk Hemfurth am Edersee mit dem Kraftwerk Borken, welches auf eigener Kohlebasis errichtet werden soll, eine Dampfreserve zur Seite zu stellen, um auch in niederschlagsarmen Zeiten die Stromerzeugung sicherzustellen. 1922 wird das Braunkohlekraftwerk Borken gebaut. Im selben Jahr beginnt im Tief- und Tagebauverfahren der Abbau der Braunkohle.

Die Einwohnerzahl beginnt schnell zu wachsen. 1925 zahlt man bereits 537 Einwohner. Im Jahr 1932 sind es bereits 863 Einwohner. In nur 20 Jahren verdoppelt sich die Einwohnerzahl. Bis zur Gegenwart hat sie sich sogar verdreifacht.

Im Jahr 1930 wird die baufällig gewordene Brücke über den offen durch das Dorf laufenden Hundsbach abgebrochen, und der Bach wird verrohrt. Bedingt durch die Zusammenlegung der Kreise Fritzlar-Homberg im Jahr 1932 wird Kleinenglis Bestandteil dieses neu gebildeten Kreises.

1946 bringt für Kleinenglis eine weitere bedeutende Veränderung. Über 200 Heimatvertriebene finden in Kleinenglis ein neues Zuhause und können sich hier eine neue Existenz aufbauen. Da der überwiegende Teil der Heimatvertriebenen dem katholischen Glauben angehört, wird 1960-1961 die katholische Kirche, die dem hl. Gerhard geweiht ist, gebaut.

1971 erfolgt ein freiwilliger Zusammenschluß der Gemeinden Kerstenhausen und Kleinenglis zur sogenannten "Verwaltungseinheit Sieben". Diese ist jedoch nur von kurzer Dauer, denn bereits im Jahr 1974 erfolgt die Eingliederung von Kleinenglis nach Borken, deren größter Stadtteil es seitdem ist. Am 1. Januar 1974 wird aus den Kreisen FritzlarHomberg, Ziegenhain und Melsungen der SchwalmEder-Kreis gebildet, dem Kleinenglis seither angehört.

Entwicklung der Einwohnerzahlen in Kleinenglis von 1585 bis 1997:

1585 275
     1946
1.185
1774232      1950
1.302
1875375      1955 1.328
1895409
     1960 1.430
1906 437
     1965 1.528
1925 537
     1966 1.537
1932863
     1997
1.696

 

Letztendlich stellt sich heraus, dass sich Kleinenglis in den letzten 80 Jahren zwei gravierenden Veränderungen unterziehen musste. Zum einen, nach Inbetriebnahme von Kraftwerk und Grube, die Abkehr von der rein landwirtschaftlichen Struktur hin zur Arbeiterwohngemeinde.

Zum anderen, nach Schließung von Kraftwerk und Grube, die erneute Veränderung hin zur Schlafstätte für Auspendler.

Friedrich Döring
aus dem Programm zum Jubiläumsjahr 2000 der Stadt Borken

 

 

 

 

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